„Du bist ein guter Mitarbeiter!“
Wenn Reinhard Sprenger spricht brennt die Luft. Deutschlands führender Management-Berater ist ein Meister der Provokation. Und er sparte bei seinem Vortrag in der Messe Essen nicht damit. Boni – sinnlos, Personalentwicklung – Angriff auf die Würde, neue Unternehmen mit alten Mitarbeitern und Strukturen – zum Scheitern verurteilt. Der Kopf des Jahres 2015 des Marketing Club Ruhr schimpfte an diesem Abend viel und zog dennoch die 150 Gäste mehr als 90 Minuten in seinen Bann. Der promovierte Philosoph und Bestseller-Autor (u.a. Mythos Motivation und Radikal führen) ging gleich mit einem plakativen Beispiel in den Abend: „Zuletzt war ich zum Vortrag bei einem DAX-Unternehmen geladen. Der CEO sprach zu den Mitarbeitern und präsentierte nichts anderes als Zahlen. Ich dachte ich spinne, aber er redete nicht über Produkte oder Innovation. Nur Zahlen, dabei produziert dieses Unternehmen gar keine Zahlen. Auch der Kunde kam nicht vor.“ Der gebürtige Essener referierte weiter, dass viele Unternehmen zu sehr auf sich selbst und den eigenen Erhalt ausgerichtet seien. „Dabei sind die Kunden das Wichtigste und zwar für alle Ebenen,“ denn nur wer dem Kunden dauerhaft einen Mehrwert oder Vorteil verschaffe könne im Wettbewerb bestehen.
Sprenger warb dafür den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen und deshalb sei es ungerecht dem Key Accounter hohe Provisionen zu zahlen. „Wenn die Produktion nicht läuft, kann der verkaufen was er will.“ Und deshalb hätten auch viele Menschen innerlich gekündigt. Die Mitarbeiter würden in die Überforderung getrieben. Das heute jemand nur seinen Job mache um seine Familie zu ernähren, werde kaum noch hingenommen. Warum eigentlich? Schließlich ginge es bei der Arbeit nicht um besondere Motivation und Identifikation, sondern um einen Leistungstausch. Der Mitarbeiter stellt dem Unternehmen seine Arbeitskraft und sein Know-How zur Verfügung und wird dafür vergütet. Mehr sei auch nicht nötig.

Mit Personalentwicklung und anderen Programmen werde aber versucht die Mitarbeiter zu trimmen. „Das ist ein Angriff auf die Würde.“ Wenn jemand nicht passe, werde er passend gemacht. Sprenger, der mehr als drei Millionen Bücher verkauft hat, redete sich seine Frust aus 30 Berater-Jahren vom Leib. „Es muss nicht jeder Mitarbeiter passen. Manche passen nicht zur Führungskraft und umgekehrt. Das muss ein anständiges Unternehmen erkennen.“ Statt die Leute zu brechen, solle man sie lieber auf die passende Position setzen. Und wenn es nicht passt, sei die Trennung für alle seiten besser. „Hier werden aber Erwachsene wie Kinder behandelt, die erzogen werden müssen. Das geht mir nicht in den Kopf. Diese Menschen können selbst Kinder erziehen und neben ihrer Arbeit Vereine oder ähnliches managen. Aber auf der Arbeit wird ihnen zu verstehen gegeben, dass sie nicht genug leisteten oder sich falsch verhalten. Da stimmt was nicht.“ Auch das Thema Werte verwies Sprenger ins Reich der Träume. „Werte im Unternehmen sind quatsch. Wenn ich höre, dass in der Facebook-Zentrale in großen Lettern steht: ‚Unsere Arbeit endet nie‘, finde ich das unglaublich. Die sortieren Mitarbeiter über 30 reihenweise aus. Der Altersschnitt liegt konstant unter 30. Welche Werte sollen das bitteschön sein?“ Es entbrannte eine spannende und lebhafte Diskussion zwischen Referent und Gästen. Was denn wichtig sei, fragte ein Zuhörer. „Zu hören man ist ein guter Mitarbeiter, das reicht wenn der Deal stimmt.“ Ein weiterer wollte wissen welches Unternehmen denn aus Sicht Sprengers anständig sei, schließlich sei das ja auch sein aktueller Buchtitel.
Sprenger überlegte lange. „dm, aber die sind fürs richtig anständig sein jetzt schon zu groß. Wenn das Unternehmen zu groß wird, ist das ganz schwer.“
MC Ruhr zu Gast bei der Messe Essen Foto: MESSE ESSEN / CONGRESS CENTER ESSEN Clubabend mit Dr. Reinhard K. Sprenger Foto: MESSE ESSEN / CONGRESS CENTER ESSEN
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